Zumal hier mit Lessings Sprache großteils klar und auch analytisch vorgegangen wird, so natürlich und lebendig, wie es möglich ist, kein Klassiker, sondern einer, der uns etwas zu sagen hat – "Es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten. " "Die Menschen sind nicht immer, was sie scheinen – aber selten etwas Besseres. " "Sind Christ und Jude eher Christ und Jude als Mensch? " Gotthold Ephraim Lessing, einer der bewundernswertesten Köpfe, die die Deutschen je hervorgebracht haben, hat so vieles auf den Punkt gebracht. Ganz abgesehen von seinem Wissen über Juden, Moslems und Christen, die er schmerzlich aneinander prallen lässt. Die Inszenierung des Volkstheaters stammt von Nikolaus Habjan, dem Puppen-Habjan, der zweifellos seine Fans und sein Publikum hat. Die sollten in einem eigenen Theater bedient werden und ihn bewusst aufsuchen. Nathan der weise 2014 edition. Seine Puppen-Spiele normalen Stücken aufzuzwingen und diese Inszenierungen wiederum einem normalen Theaterpublikum hinaufzudrücken, steht Anna Badora natürlich frei – kann nur schrecklich lästig und überflüssig wirken und sogar zerstörerisch.
Wo Nathan grübelt, tritt ihm eine Nathan-Puppe zur Seite. So auf dem Weg zum Sultan, wo er sich (mit Worten des gestrichenen Derwischs) fragt, ober er in der Stadt bleiben oder flüchten soll. Er selbst als Puppe flüstert sich guten Rat ins Ohr: Gegen Saladins Bekenntnisdruck hilft die Ringparabel! Wie eine Reise ins zerbombte Aleppo Zwar nähert sich Nathan im ersten Auftritt durch den Zuschauerraum, einen typischen Flüchtlingskoffer in der Hand, dem roten Vorhang mit Ehrfurcht wie im Tempel. Doch anscheinend kam er nicht nach Jerusalem heim von seiner Babylonreise, sondern ins zerbombte Aleppo. Im Schatten einer gesprengten Betonmauer liegen im Feuersturm verbrannte Leichen auf einer Straßentreppe. Nathan verhüllt sie mit weißen Tüchern. Ein Trauerbild, das tief eindringt (leider durch Handygeklingel gestört). Günter Franzmeier gibt mit seinem schönen alten Gesicht als Nathan Stil und Ton vor. Nathan der weise 2017 version. Hoch über Christoph Rothenbuchner als Tempelherr und Gábor Biedermann, der eine Buchhalter in Faschingsuniform, der andere wie ein Ingenieur auf einem Baugerüst unterwegs.
Ein christlicher Tempelherr hat während der Abwesenheit des Juden Nathan aus Jerusalem dessen Tochter Recha das Leben gerettet. Recha glaubt an ein Wunder, nicht so ihr rationaler Vater. Der Retter selbst hätte der Tochter eines Juden eigentlich nicht weiter gedacht, als er ihr jedoch vorgestellt wird, verliebt er sich Hals über Kopf. Auch der Tempelherr verdankt seine Rettung einem wundersamen Gnadenakt: der muslimische Herrscher Sultan Saladin hatte ihn als einzigen Gefangenen begnadigt, weil ihn das Gesicht des jungen Christen an seinen verstorbenen Bruder erinnerte. Nathan ist bereits von den finanziellen Engpässen des Sultans unterrichtet, als dieser ihn zu sich ruft. Doch statt den wohlhabenden Nathan direkt um einen Kredit zu bitten, stellt Saladin Nathan mit der Frage nach der »wahren Religion« auf die Probe. Nathan der Weise - Jochen Strauch. Nathans Antwort mit der Ringparabel wird nicht nur vom Sultan als Plädoyer für die Gleichberechtigung der drei monotheistischen Weltreligionen interpretiert. Einer Hochzeit Rechas mit dem Christen stellt sich Nathan trotzdem in den Weg.