Leben mit der Vergänglichkeit Es ist windig geworden, ja, stürmisch. Es regnet und die heißen Tage scheinen endgültig vorbei. Kommt schon der Herbst? Ist der Sommer vergangen? Schon verfärben sich die ersten Blätter und aus dem zarten Grün im Mai ist längst das satte Grün geworden, das sich bald bunt färben wird und zu Boden fällt. Ein tiefes Symbol der Vergänglichkeit. Das welke Laub, das auf den Gehwegen liegt und bei jedem Windstoß aufgewirbelt wird, raschelt, weil es vertrocknet ist und an einem neuen Ort zum Liegen kommt. Und irgendwann kommt jemand und sammelt das Laub auf und bringt es auf den Komposthaufen. So geht es jedes Jahr - wir wissen es. Das Leben ist vergänglich und das Ende des Sommers macht es uns ganz besonders deutlich - gerade, wenn der Wechsel von Hitze und Kühle so stark wie in diesem Jahr ist. Nicht nur viele Dichter der Romantik sahen im Herbst eine Widerspiegelung unserer eigenen Vergänglichkeit. Wir sprechen nicht ohne Grund vom "Herbst des Lebens". Wir vergehen und unsere Freuden vergehen.
Fehlendes Bewusstsein für die kleinen Dinge des Lebens, die uns glücklich machen und für die Menschen "alltäglich" werden, da sie immer da sind. Ich schätze, dass niemand von uns davor gefeit ist. Verlieren wir uns alle doch immer wieder im stressigen Alltag, im hektischen Job, im weit verbreiteten Freizeitstress. Wir funktionieren, um allen und allem gerecht zu werden. Wir takten unsere Tage durch, als ob wir Angela Merkel persönlich wären. Meist schaffen wir auch alles, und dennoch macht es uns nicht glücklich. Es verschafft uns vielleicht ein Gefühl der Erleichterung, doch insgeheim sind wir nicht zufrieden. Weiterlesen nach der Anzeige Weiterlesen nach der Anzeige Erinnerungen sind immer mit Emotionen verknüpft Zum einen, weil unser Anspruch meist so hoch ist, dass wir ihn selbst bei allergrößter Anstrengung nicht erfüllen könnten. Zum anderen aber hauptsächlich, weil uns das bloße Abarbeiten von Aufgaben nicht erfüllt. Wenn wir keine Zeit haben, die Schönheit der Dinge zu erfassen, das Treffen mit lieben Menschen zu genießen, da der nächste Termin im Kalender leise anklopft oder die leckere Tasse Kaffee auch als solche wahrzunehmen, verpassen wir einen wesentlichen Teil unseres Daseins: das Sein, das Genießen, die Erfüllung.
Im Zentrum steht die vergleichende Analyse von Texten: Gedicht mit Prosatext, Gedichte mit anderen Gedichten, literarische mit Sachtexten. Inhaltlich setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit einem zentralen philosophischen, psychologischen und literarischen Themenbereich auseinander: der Erfahrung der Vergänglichkeit und der Frage nach dem Sinn des Lebens.
In diesem Kontext könnte man ja noch weiter gehen und das Leben auf der Erde als eine Art Bestrafung interpretieren. Lapidar ausgedrückt: Lässt Du Dir im Paradies etwas zu Schulden kommen, wirst Du zu einem Leben in einem Körper aus Fleisch und Blut 'verdonnert'. Natürlich kannst Du Dich als Lebender nicht an das Paradies (= Jenseits) erinnern - vermutlich würde ansonsten jeder Selbstmord machen, um schnell wieder zurück ins Paradies zu gelangen. Vielleicht ist das ja auch alles Quatsch; möglich. Aber so ganz abwegig ist dieser Gedanke dennoch nicht. Viele Religionen kennen derartige Parallelen. Die Bibel z. B. nennt diese Bestrafung den Sündenfall (Apfel essen = Vergehen, Verbannung aus dem Paradies = Leben als menschliches Wesen, jüngstes Gericht = Wiedereingliederung, etc). Mir persönlich gefällt dieser Gedanke. Das Unbekannte wird damit etwas greifbarer. So betrachtet haben alle Religionen einen Wahrheitsgehalt, der nur 'richtig' interpretiert sein will. Die Kirche macht übrigens nichts anderes.
In jungen Jahren denken wir noch, dass das Leben unendlich zu sein scheint. Noch so viele Jahre liegen vor uns, dass sie schier unendlich wirken. Aber mit der Zeit erkennen wir, dass die Zeit weniger wird, dass meine Möglichkeiten sich einschränken und Fragen auf mich zukommen, die das Alter und den Tod betreffen. Wie gehe ich mit meiner Vergänglichkeit um? Wie kann ich damit umgehen, dass alles vergeht: meine Freunde, meine Familie, meine Partnerin/mein Partner, meine Tiere und schließlich ich selbst. "Tod und vergeh waltet in allem…" heißt es in einem Hymnus. Ja, wirklich so ist es. Wir entkommen dem nicht - niemand kann dem entkommen. Und jetzt? Was mache ich mit einer Bedrohung, die ich nicht abwenden kann? Wie gehe ich mit meiner eigenen Vergänglichkeit um? Mit den grauen Haaren, der faltigen Haut, der wachsenden Ungelenkigkeit, vielleicht der Vergesslichkeit, den Erkrankungen? Kann man etwas akzeptieren, was man nicht akzeptieren will? Kann man in eine Haltung hineinwachsen, die mich mit frohem Herzen in die Vernichtung begleitet?