Bereits der Titel des um 1200 entstandenen Textes lässt vermuten, dass etwas Wichtiges "Under der linden" passiert sein muss und da der Lindenbaum mit seinen leicht herzförmigen Blättern als Symbol der Liebe gilt, bedarf es auch nicht allzu viel Vorstellungskraft, um zu wissen, was passiert ist. Im Kontrast dazu steht die Bedeutung der Linde als Gerichtsbaum, was den Leser darauf schließen lässt, dass das Stattgefundene nicht ganz mit "rechten Dingen" zugegangen sein könnte. In der ersten Strophe werden zunächst Hinweise bezüglich des Ortes des Geschehens gegeben, wobei die Beschreibungen von Vers zu Vers genauer werden. Der Schauplatz der Handlung ist ein "Bett" unter einer Linde, welches sich auf einer Wiese vor einem Wald in einem Tal befindet. Es wird darauf hingewiesen, dass dort, wo dieses Bett gewesen ist, die Blumen und das Gras "liebevoll gebrochen" sind (vgl. Under der linden - Deutsche Lyrik. V. 6). Weiters wird in Vers 9 der "schöne" Gesang der Nachtigall erwähnt, welche symbolisch für die Liebe steht. In der zweiten Strophe wird das lyrische Ich zum ersten Mal beschrieben: Es ist auf dem Weg zu dem Treffpunkt auf der Wiese, um seinen Geliebten zu treffen, somit ist das lyrische Ich folglich eine Frau.
Dem Lindenbaum kommt darüber hinaus noch eine weitere doppeldeutige Bedeutung zu. Er beschreibt nicht nur den Ort der Handlung, sondern stellt ein weiteres Mal einen Bezug zu dem Oberthema Liebe her, da die Blätter des Baumes herzförmig sind und somit ein natürliches Zeichen bildlich darstellen. Im Gegensatz dazu steht die Bedeutung der Linde als Gerichstbaum, in deren Schutz Entscheidungen getroffen wurden, die eine gesellschaftliche Ordnung gewährleisten sollten. Zudem scheinen die Ereignisse noch nicht lange zurückzuliegen, da die Eindrücke noch sehr frisch sind und die Spuren des gemeinsamen Treibens noch erkennbar sind ("gebrochen bluomen unde gras", vgl. 6). Under der linden walther von der vogelweide under der linden images. Es erscheint, als mache sich die Sprecherin zunächst Gedanken über ihr Erlebnis. Dies zeigt sich an dem Prozess, der im Laufe des Liedes in ihr vollzogen wird. Zu Beginn nur mit Glück erfüllt, weicht ein Großteil dieser Begeisterung in der vierten und letzten Strophe. Zweifel, Scham und die Angst vor einem gesellschaftlichen Skandal treten dafür an ihre Stelle.
Wendet man sich der Funktion des Sprechers zu, so kann man zunächst sagen, dass der Autor Walther von der Vogelweide nicht gleichzusetzen ist mit dem Sprecher in dem Minnegesang. Die Rolle des lyrischen Ichs wird eingenommen von der fiktiven jungen Frau, die daran zu erkennen ist, dass sie über ein sexuelles Erlebnis mit einer männlichen Person erzählt. In der 2. Strophe redet sie so von ihrem "friedel" (vgl. 12), sie mein damit ihren Geliebten. Auch das Sprachverhalten deutet auf ein weibliches lyrisches Ich hin, da sie bezeichnend für das weibliche Geschlecht mit großer Intensität und Genauigkeit von ihrem wunderbaren Erlebnis berichtet. Besonders die Textstelle, an der sie darüber spricht, wie sie sich küssten, veranschaulicht dies (Kuste er mich? Wol tûsentstunt, vgl. 16). Under der Linden Zusammenfassung und Analyse | Zusammenfassung. Eine zusätzliche Auffälligkeit ihrer Ausdrucksform kann man darin entdecken, dass sie sich hauptsächlich des Wortfelds Natur bedient. Begriffe wie "linden"(vgl. 1), "heide"(vgl. 2), "bloumen unde gras"(vgl. 6) oder "walde"(vgl. 7) fungieren als eine liebevolle Beschreibung der Situation und der Umgebung, welche die zwei Liebenden umgab.