Du reichst mir zum Kusse die Lippen, Mitleidig mir wohl zu tun, Und neigst dich dem andern, ich gehe 40 Bald unter die Erde, zu ruhn. Die Sonne bringt es an den Tag Gemächlich in der Werkstatt saß Zum Frühtrunk Meister Nikolas, Die junge Hausfrau schenkt' ihm ein, Es war im heitern Sonnenschein. – Die Sonne bringt es an den Tag. Die Sonne blinkt von der Schale Rand, Malt zitternde Kringeln an die Wand, Und wie den Schein er ins Auge faßt, So spricht er für sich, indem er erblaßt: »Du bringst es doch nicht an den Tag. « »Wer nicht? Was nicht? « die Frau fragt gleich, »Was stierst du so an? was wirst du so bleich? « Und er darauf: »Sei still, nur still; Ich's doch nicht sagen kann, noch will. »Die Sonne bringt's nicht an den Tag. « Die Frau nur dringender forscht und fragt, Mit Schmeicheln ihn und Hadern plagt, Mit süßem und mit bitterm Wort, Sie fragt und plagt ihn fort und fort: »»Was bringt die Sonne nicht an den Tag? « »Nein, nimmermehr! « – »Du sagst es mir noch! « – »Ich sag es nicht.
1 Gemächlich in der Werkstatt saß 2 Zum Frühtrunk Meister Nikolas, 3 Die junge Hausfrau schenkt' ihm ein, 4 Es war im heitern Sonnenschein. 5 Die Sonne bringt es an den Tag. 6 Die Sonne blinkt von der Schale Rand, 7 Malt zitternde Kringeln an die Wand, 8 Und wie den Schein er ins Auge faßt, 9 So spricht er für sich, indem er erblaßt: 10 »Du bringst es doch nicht an den Tag. « 11 »Wer nicht? was nicht? « die Frau fragt gleich, 12 »Was stierst du so an? was wirst du so bleich? « 13 Und er darauf: »Sei still, nur still; 14 Ich's doch nicht sagen kann, noch will. 15 Die Sonne bringt's nicht an den Tag. « 16 Die Frau nur dringender forscht und fragt, 17 Mit Schmeicheln ihn und Hadern plagt, 18 Mit süßem und mit bitterm Wort, 19 Sie fragt und plagt ihn fort und fort: 20 »Was bringt die Sonne nicht an den Tag? « 21 »Nein, nimmermehr! « - »Du sagst es mir noch. « 22 »Ich sag es nicht. « - »Du sagst es mir doch. « 23 Da ward zuletzt er müd und schwach, 24 Und gab der Ungestümen nach. 25 26 »Auf der Wanderschaft, 's sind zwanzig Jahr, 27 Da traf es mich einst gar sonderbar, 28 Ich hatt nicht Geld, nicht Ranzen, noch Schuh', 29 War hungrig und durstig und zornig dazu.
Gemächlich in der Werkstatt saß Zum Frühtrunk Meister Nikolas, Die junge Hausfrau schenkt′ ihm ein, Es war im heitern Sonnenschein. - Die Sonne bringt es an den Tag. Die Sonne blinkt von der Schale Rand, Malt zitternde Kringeln an die Wand, Und wie den Schein er ins Auge faßt, So spricht er für sich, indem er erblaßt: "Du bringst es doch nicht an den Tag" - "Wer nicht? was nicht? ′. die Frau fragt gleich, "Was stierst du so an? was wirst du so bleich? " Und er darauf: "Sei still, nur still! Ich′s doch nicht sagen kann noch will. Die Sonne bringt′s nicht an den Tag. " Die Frau nur dringender forscht und fragt, Mit Schmeicheln ihn und Hadern plagt, Mit süßem und mit bitterm Wort; Sie fragt und plagt ihn Ort und Ort: "Was bringt die Sonne nicht an den Tag? " "Nein nimmermehr! " - "Du sagst es mir noch. " "Ich sag es nicht. " - "Du sagst es mir doch. " Da ward zuletzt er müd und schwach Und gab der Ungestümen nach. "Auf der Wanderschaft, ′s sind zwanzig Jahr, Da traf es mich einst gar sonderbar.
Gemächlich in der Werkstatt saß Zum Frühtrunk Meister Nikolas, Die junge Hausfrau schenkt' ihm ein, Es war im heitern Sonnenschein. - Die Sonne bringt es an den Tag. Die Sonne blinkt von der Schale Rand, Malt zitternde Kringeln an die Wand, Und wie den Schein er ins Auge faßt, So spricht er für sich, indem er erblaßt: "Du bringst es doch nicht an den Tag" - "Wer nicht? was nicht? '. die Frau fragt gleich, "Was stierst du so an? was wirst du so bleich? " Und er darauf: "Sei still, nur still! Ich's doch nicht sagen kann noch will. Die Sonne bringt's nicht an den Tag. " Die Frau nur dringender forscht und fragt, Mit Schmeicheln ihn und Hadern plagt, Mit süßem und mit bitterm Wort; Sie fragt und plagt ihn Ort und Ort: "Was bringt die Sonne nicht an den Tag? " "Nein nimmermehr! " - "Du sagst es mir noch. " "Ich sag es nicht. " - "Du sagst es mir doch. " Da ward zuletzt er müd und schwach Und gab der Ungestümen nach. "Auf der Wanderschaft, 's sind zwanzig Jahr, Da traf es mich einst gar sonderbar.
Adelbert von Chamisso Die drei Sonnen Es wallte so silbernen Scheines Nicht immer mein lockiges Haar, Es hat ja Zeiten gegeben, Wo selber ich jung auch war. 5Und blick ich dich an, o Mädchen, So rosig und heiter und jung, Da taucht aus vergangenen Zeiten Herauf die Erinnerung. Die Mutter von deiner Mutter -- 10 Noch sah ich die Schönere nicht, Ich staunte sie an, wie die Sonne, Geblendet von ihrem Licht. Und einst durchbebte mit Wonne Der Druck mich von ihrer Hand, 15Sie neigte darauf sich dem andern, Da zog ich ins fremde Land. Spät kehrt ich zurück in die Heimat, Ein Müder nach irrem Lauf, Es stieg am heimischen Himmel 20 Die andere Sonne schon auf. Ja deine Mutter, o Mädchen, -- Noch sah ich die Schönere nicht, 25Sie reichte mir einst die Stirne Zum Kusse, da zittert ich sehr, Sie neigte darauf sich dem andern, Da zog ich über das Meer. Ich habe verträumt und vertrauert 30 Mein Leben, ich bin ein Greis, Heim kehr ich, die dritte Sonne Erleuchtet den Himmelskreis. Du bist es, o Wonnereiche; 35Ich schaue dich an, wie die Sonne, Geblendet von deinem Licht.