Dazu liefert Ruge keine Thesen oder Erklärungsversuche. Zum Glück findet Radisch, denn so gelingt Eugen Ruge etwas, das geschichtlich betrachtet paradox klingt, literarisch dafür aber umso wirksamer ist: die atmosphärische Desillusion. Die Tageszeitung, 27. 08. 2011 Ganz hingerissen zeigt sich Rezensent Dirk Knipphals von Eugen Ruges Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts". Dabei hat er durchaus einige kleinere Einwände. In zeiten des abnehmenden lichts inhalt photos. Als DDR-Roman nämlich scheint ihm das Werk, das die Geschichte einer Familie über vier Generationen, durchaus "konventionell". Da gibt es eine Reihe von Szenen, die ihm aus der "DDR-Aufarbeitungsliteratur" bekannt vorkommen: Grundausbildung beim DDR-Grenzschutz, Trabbifahren, Weihnachtsfeste, Tauschhandel, schlechte Restaurants und ein Gang durch den winterlichen Prenzlauer Berg in den siebziger Jahren. All diese Szenen findet er geradezu "großartig", in der Summe dann aber fast zu "akkurat" erzählt. Richtig begeistert hat ihn an dem Buch, wie Ruge die Familiengeschichte erzählt: höchst gekonnt, multiperspektivisch sowie ohne "Nach-Wende-Ironie" oder "dissidentischen Furor", sondern mit großer Umsicht und Gelassenheit.
Sein Roman ist die Geschichte einer Familie und die eines untergehenden Landes. Ruge erhält dafür den "aspekte"-Literaturpreis und den Deutschen Buchpreis 2011. Momente des Glücks gibt es kaum in diesem Roman, der knapp 50 Jahre überspannt. Ausgangspunkte für die Erinnerungen sind der 1. Oktober 1989 und der September 2001 – symbolträchtig verknüpft mit der Friedlichen Revolution und den Anschlägen auf das World-Trade-Center. So markieren ausgerechnet die zeitlichen Verankerungen Momente der Auflösung, der Umbrüche und Verunsicherungen. Im Jahr 2001 erfährt Alexander, Alter Ego des Autors, unheilbar krank zu sein. Er hat vielleicht noch fünf Jahre zu leben, vielleicht sind es zehn. Aus dem Krankenhaus fährt er ins Haus seines Vaters Kurt, eines dementen, störrischen Mannes. Mutter Irina starb schon vor Jahren. Was Kurt verloren geht, beginnt Alexander zu interessieren: Erinnerungen. Er schnappt sich Dokumente, Briefe, Geld und reist – oder flieht er? In zeiten des abnehmenden lichts inhalt 2. – nach Mexiko. Exil seiner Großeltern, bevor sie Anfang der 50er Jahre in die DDR kamen.
Dort geraten beide allerdings in Lagerhaft, nachdem sie den Hitler-Stalin-Pakt scharf kritisierten. So kommt es auch das einer in der Haft umkommt und der Zweite, Kurt, erst nach langer, schmerzlicher Haft wieder nach Deutschland, in die neugegründete DDR zurückkehrt. In der Zwischenzeit haben seine Eltern für einige Zeit im mexikanischen Exil gelebt und kehren danach auch nach Deutschland (Ost) zurück. Alle werden aufgrund ihrer Erlebnisse von den Entscheidungsträgern des Staates protegiert und in gehobene Position in der Gesellschaft beziehungsweise Wissenschaft gehoben. So hat jedes Familienmitglied seine eigene, sehr spezielle Haltung und Wahrnehmung. Im weiteren Verlauf der Erzählung wird dann hauptsächlich die Entwicklung der einzelnen Personen in der DDR und danach beleuchtet. 3499254123 In Zeiten Des Abnehmenden Lichts Roman Einer Fami. Dabei ist jedes Kapitel einem speziellen Datum beziehungsweise einem Jahr zugeordnet. Die ganze Handlung findet im 1. Oktober 1989 (dem 90. Geburtstag von Wilhelm) ihren Höhepunkt. Dieser Tag wird mehrfach, aus der Sicht unterschiedlicher Familienmitglieder erzählt.
Dies soll natürlich nicht Eugen Ruges Roman abwerten, zumal die Jury des Buchpreises auf der einen Seite vor allem den formalen Handlungsaufbau hervorhebt und auf der anderen Seite einen Preis mir einem starken Augenmerk auf die Verkäuflichkeit eines Werkes hat…